Die Skinhead-Bewegung hat ihren Ursprung in Südengland. Sie entwickelte sich Ende der 60iger Jahre (offizielles Geburtsjahr ist 1969) aus den Mods, als die damalige Jugend aus der Arbeiter-Unterschicht merkte, dass Ihnen die Mods zu soft waren. Diese Arbeiterkinder waren wuchsen oftmals in einer ärmlichen Umgebung ohne Perspektiven oder gar einem Freizeitangebot auf. Wie die Mods mußten Sie unter der Woche schuften – wenn Sie überhaupt einen Arbeitsplatz hatten – und hatten so am Wochenende das starke Bedürfnis, den Alltag hinter sich zu lassen. Deshalb wurden die Arbeiterklamotten ausgezogen und das Skinhead-Outfit, bestehend aus Levis-Jeans, Ben Sherman-Hemden, Hosenträgern und Boots angelegt. Für damalige Verhältnisse sehr schick und nicht billig, mancher Skinhead mußte Monate dafür sparen, doch man musste smart aussehen, vielleicht auch um sich vom tristen Arbeitsalltag abzugrenzen. Und ein Skinhead war smart, sah gut aus, war ordentlich und sauber und konnte ordentlich zulangen, insgesamt war er also viel rougher als ein Mod. Warum Skinheads kurze Haare haben, ist nicht so ganz klar. Die eine Theorie sagt aus, dass es einfach nur dem Auffallen und Provozieren diente, die andere sieht den Grund darin, dass man bei einer Schlägerei nicht an den Haaren gezogen werden konnte. So wurde am Wochenende gefeiert und gesoffen, Spaß gehabt und der Alltag vergessen. Es gab einzelne meist stark Stadtteil-gebundene Gruppen, die zusammen abhingen und nicht selten in Schlägereien verwickelt waren.
Damals hörten die Skinheads nur Ska. Der hatte sich aus einer Kombination des Sounds, den die billige Arbeitskräfte aus der Karibik mitgebracht hatten, mit Bläsern und elektrischen Gitarren entwickelt, und war reiner Party-Sound. Ska-Bands bestanden eigentlich immer aus Schwarzen und Weißen, die zusammen die Sau rauslassen wollten.
Anfang der Siebziger fingen die Skinheads, denen Ska nicht ausreichte, an, auch härtere Musik zu hören und traten so die Entwicklung des Oi! los. Oi! entwickelte sich parallel zum Punk und hat die selben Wurzeln. So kam es zur Oi!-Bewegung. Ebenfalls unpolitisch, wollte man auch hier hauptsächlich einen draufmachen und Spaß haben. Wichtig war dabei das starke Zusammengehörigkeitsgefühl, denn Zusammengehörigkeit schützt vor dem kalten und harten Alltag. Der Schlachtruf „Oi! Oi! Oi!“ entstand dadurch, dass eine der großen frühen Oi!-Bands so, statt mit „One Two Three“ einzählte. Auch die Oi!-Bewegung war sehr auf das Viertel, in dem man nun gerade wohnte, bezogen.
Das die Skinheads kaum Perspektiven und Beschäftigungen hatten, führte zu einer „No Future„-Einstellung (ähnlich der Punks) und wurde Mitte/Ende der Siebziger das erste mal von einer rechten Partei (die „National Front“) ausgenutzt. Diese versuchte, die Skinhead-Bewegung für ihre Ideologie zu benutzen. So spaltete sich die Bewegung erstmals auf: die einen stiegen aus, andere wurden Punks, manche ließen sich von den von der rechten Partei einfangen, die Ihnen das Gefühl gab, jemand würde ihnen zuhören oder gar eine Perspektive geben. Die meisten blieben jedoch dem alten unpolitischen „Spirit Of 69“-Gedanken treu.
Anfang der Achtiziger schwappte die Bewegung nach Kontinental-Europa, in die USA und nach Japan über. In Amerika beeinflußte gerade der Oi! stark die Entwicklung des Hardcore. In Rest-Europa wurde die Bewegung mit allen ihren Schattierungen von den Jugendlichen, die meist auch aus sozial schwachen Umgebungen kamen, übernommen. Ende der Achtziger gab es hier dann auch die ersten eigenen Bands, wobei diese selten „Spirit of 69“-Bands waren, sondern es sich hier eher zwischen „links“ und „rechts“ polarisierte. Das heißt aber nicht, dass sich die Bewegung selbst so stark polarisierte, die unpolitischen Skinheads blieben einfach nur bei den alten englischen Bands. Ende der Achtziger gründete sich die SHARP-Bewegung (Skinheads Against Racial Predjudice) von Amerika aus, um sich endlich einmal offiziell von den Rechtsgesinnten in der Bewegung abzugrenzen.
Nach der Wende in Deutschland kam die Bewegung leider durch die rechte Skinhead-Szene in Verruf. Jeder erinnert sich an die Artikel, in denen fast nie differenziert wurde und alle Skinheads über einen Kamm geschoren wurden. Zu diesem Zeitpunkt gab es etwa 10.000 Skinheads in Deutschland, von denen aber nur etwa 10% rechts war, was in der öffentlichen Meinung dank einseitiger Berichterstattung aber leider keine Beachtung fand.
In den neunziger Jahren entwickelte sich die Skinhead-Szene langsam aber stetig zu dorthin, wo sie heute steht. Mittlerweile hat die Skinhead-Bewegung in Deutschland viele eigene Bands, zu denen sie gehen kann, ohne sich gleich automatisch mit „Ihr seid doch Nazis“-Vorurteilen rumschlagen zu müssen. Leider hat sich die öffentliche Meinung nicht gebessert, was wohl daran liegt, dass sich das meiste der Bewegung im Untergrund abspielt und somit fern der Öffentlichkeit. Nach wie vor gibt es insgesamt drei Lager: Der „normale“ Skinhead, der den größten Teil abgibt, den linken Punk-orientierten Skinhead und die rechten Boneheads, wobei die beiden letzteren einen eher kleinen Teil der Bewegung ausmachen. Skinheads, sind also nicht nur die Rechten aus der Bild-Zeitung, diese bilden zum Glück nur einen sehr kleinen Teil. Auch wenn die allgemeinen Vorurteile bisweilen leider bestätigt werden, in Wirklichkeit ist die Skinhead-Bewegung nicht die dumpfen rechten Schläger, sondern eine weitgehend unpolitische Bewegung mit viel Hintergrund und Geschichtsbewusstsein, und nicht zu Letzt verdanken wir ihr eine Menge guter Bands. Oi!