Shredder Einlauf #2: Festivals

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Der Sommer naht, die Vögel plärren von den Dächern, die meisten Mädels laufen nicht mehr in schwer zu durchschauenden Schurwoll-Rüstungen rum, der eine oder andere Idiot trinkt seine „Vanilla Latte Macchiato“ für 8,50 wieder im Freien und wir, was machen wir? Seit wir der Krippe entflohen sind, zieht es uns immer wieder raus aus der Stadt, direkt auf eines der für junge Erwachsene wie uns vorgesehenen OpenAir-Festivals. Die Aussicht auf eine gute Zeit mit seiner Crew, ebenso guter Musik und Bier zum Frühstück ist einfach zu verlockend. Leider jedoch müssen unsere vom Wetter gegerbten Augen Jahr um Jahr feststellen, dass einiges an retardiertem Volk sichtlich überfordert ist, wenn es um die erfolgreiche Planung, Durchführung und Nachbereitung eines Festivalbesuchs geht. Doch das Shredder Mag wäre nicht das Shredder Mag, wenn es diesen armen Hascherln nicht mit guten Rat und verbindlichen Verhaltensregeln unter die Arme greifen würde. Darum hier für eben diese armen Seelen einige Punkte, die unbedingt befolgt werden sollten, um sich nicht als Vollmongo, Depp oder gar Riesenarsch zu outen…

 

Auswahl
Die erste und wichtigste Entscheidung lautet immer noch: „Auf welches Festival soll ich überhaupt fahren?“. Hier gibt es keine richtigen oder falschen Entscheidungen, sondern nur gute oder schlechte. Eine schlechte Entscheidung wäre beispielsweise, auf’s „Rock im Park“ zu fahren. Begründung wirklich nötig? Nun gut: Mehrere 100 Euro Eintritt langweilen genauso wie Zeltnachbarn, die den ganzen Tag lang die neue Hosen-CD (Skunk Anansie, Guano Apes,…) hören, oder ein Überangebot an diversem Scheißdreck (Internetcafé, Achterbahn, Feuerspucker, Live-Piercing,…) und zu guter Letzt spielt auch noch Otto Waalkes Samstag Abend auf der Hauptbühne (als Vorgruppe für die Söhne Mannheims oder Emmerson, Lake & Palmer). Oh je. Für weitere schlechte Entscheidungen stehen zielsicher das „Chiemsee Reggae Open Air“ (Hippiescheisse) oder das „Taubertal-Festival“ (StammActs wie Such A Surge oder die Banana Fishbones sprechen eine deutliche Sprache…) zur Verfügung. Eine gute Entscheidung wäre etwa auf’s Dynamo oder WithFullForce zu fahren. Die Premiere des Berlinova-OpenAir letztes Jahr vermochte ausserdem zu überzeugen.

 

Nahrung
Hat man sich dann endlich entschieden, kommt auch schon die nächste Frage auf: „Was nehme ich mit?“. Nun gut, wenn’s ums Essen geht, gibt’s ein ganz einfaches Prinzip: bitte keine dumme Scheisse essen. Gar nicht gehen so z.B. Hühnerfrikassee „Arschloch“ mit Reis (zum im Wasserbad erwärmen…), Fisch-Frühstück-Mexico oder Muttis vorgekochtes Gulasch. Warum nicht auf bewährte Klassiker wie Nudeln mit Sosse oder Brot mit was drauf zurückgreifen? Eine große Ausnahme stellt hier der Alkohol dar, denn komischerweise schmecken auf Festivals die schlimmsten Schnäpse am Besten! Enzian, Frühstückskorn, der Phantasie sind kaum Grenzen gesetzt. Also: Einpacken!

 

Equipment
Was braucht man ausser Essen und Trinken noch an einem Festival? Zelt, Iso, Schlafsack, Kleidung, Ghettoblaster, Musik und evtl. noch einen Baumarkt-Pavillion für die Festival Homebase (bitte unbedingt den Allerbilligsten nehmen). Fertig. Leider gibt es immer wieder Experten, die mit riesigen Anhängern ihr gesamtes Wohnzimmer auf den Zeltplatz schleifen oder sich extra sauteures Festival-Equipment zulegen. Wozu? Ebenfalls sinnlos sind selbst-designte Gruppen-T-Shirts. Wir sind doch nicht am Ballermann! „NRW-Terrorfront“ oder „I Survived Rock im Sarg 2001“ (sic!) stärken zwar das Gruppengefühl, outen einen dann aber auch zielsicher als Riesenarsch.

 

Platzwahl auf dem Festivalgelände
Eigentlich ein müssiges Thema, aber für alle, die es immer noch nicht begriffen haben: Dixies stinken nach Scheisse, 40 Minuten Fußmarsch zur nächsten Bühne sind deutlich suboptimal und an Durchgangsstrassen sieht man sich den ganzen Tag mit dummen Witzemachern konfrontiert, mit denen man eigentlich gar nichts zu tun haben will. Alle anderen Plätze sind ok.

 

Verhaltensgrundsätze während des Festivals
Die goldene Regel (wie so oft): Sich nicht zum Deppen machen! Auch wenn zu folgender Aussage kein gesellschaftlicher Konsens besteht: Man kann auch Spaß haben und seine Würde dabei behalten. Zurückgebliebene Drecksnerds rennen immer noch „Helga!“ schreiend über’s Gelände. Falsch! Andere Spezialisten schütten sich als Zeichen ihres stark eingeschränkten Verhaltensrepertoires ihr eigenes Bier über den Kopf. Falsch! Ebenso Falsch: Klischeebehaftetes SchlammCatchen. Ist (wenn überhaupt) maximal 2 Minuten lustig und dann? Ha? Dämmerts?. Ganz schlimm auch die „Ficken: eine Mark!“-Looser. Hahaha, wie toll, mit dem Wort „Ficken“ schockieren zu wollen und dabei mit seiner unausgeglichenen Sexualität Hausieren zu gehen… Besonders auf den Sack gehen uns ausserdem die „Heute ist MEIN Tag“-Festival-Touristen. Daheim immer schön einen auf brav machen und kaum ist man auf einem Festival angelangt, muss man auch schon allen zeigen, was für ein verrückter Hund man doch ist. Dazu gehören: die noch „gute“ Jeans abreissen, spontan Bier ins Essen schütten, Erde anzünden oder einfach mal laut Furzen. Wow! Das sind dann auch meistens die, die sich Rüstungen aus leeren Bierdosen bauen (habt Ihr eigentlich nichts Besseres zu tun?) und dann abends im Techno-Zelt abspacken. Schlimm, schlimm. Hütet Euch ausserdem von Tattoo-Zelten. Die halbe Stunde im Rampenlicht steht in keinem Verhältnis zum betrunken ausgesuchten Aristocat oder 08/15-Tribal. Schlimmster von der Redaktionsmitgliedern gesichteter Fall: Zwei Dampfer auf dem Bauch. Super Idee!

 

Drogenmissbrauch
Grundsätzlich ist übermässiger Konsum ein willkommenes Verhaltensmuster auf Festivals. Doch auch hier gibt es einige Ausnahmen. Fangen wir beim Alkoholkonsum an: Ein Bier zum Frühstück hebt die Lebensfreude und stärkt die Sprungkraft, von Trinkbräuchen á la Trichtersaufen jedoch ist dringend abzusehen! Das Trinken direkt aus der Dose hat sich bewährt, alles andere ist viel zu bemüht und damit scheisse. Dabei bitte keine Oberrheinischen Trinksprüche oder Pfälzer Trinkrituale mit der ganzen Gruppe brüllen. Hier gilt das selbe wie für das Tragen identischer T-Shirts (s.o.) und ausserdem können echte Männer auch alleine trinken (echte Frauen natürlich auch). Den größten Schatten besitzen aber immer noch die Vollidoten, die einen Katheter-Beutel voller Bier mit auf’s Bandgelände nehmen und denken, sie wären superclever. Man trinkt doch nicht aus Pisse-Behältern! Wer Zivildienst gemacht hat, kann das sicher verstehen, alle anderen mit einem Funken Sinn für Ästhetik sicher auch. Andere Drogen sollten massvoll konsumiert werden (zur Erinnerung: Nicht zum Deppen machen!), beim Kiffen bitte darauf achten, dass man nicht das ganze Festival ausschliesslich in seinem Zelt rumsandelt und alle Bands verpasst, und Strychnin ist keine Droge, sondern giftig.

 

Festivals als Werbeforum
Leider hat der Kapitalismus Festivals wegen der interessanten Zielgruppe schon lange für sich entdeckt. Das ist nicht schön, stört aber nicht weiter, wenn man zwei kleine Regeln beachtet. Erstens: Keinen (!) Festival-Promo-Scheiss mitmachen! Dazu zählen der lustige Festival-Friseur ebenso, wie an einem „verzaubertem“ Seil hochklettern, Bull-Riding, seine Seele für eine Packung kostenlosen Tabak verhuren oder ähnliches. Zweitens: Nichts (!) auf Festivals kaufen. Mario’s-Ratten-Pizza für 6,50 Euro, einen original indianischen Traumfänger, einen Batik-Schlafsack oder gar ein Festival-T-Shirt (denkt an Eure Würde…) braucht kein Mensch.

 

Nachbereitung
Zuerst mal sollte man nach Beendigung nach Hause fahren und nicht einfach im Dreck liegen bleiben (siehe Dynamo). Also schnell Zusammenpacken und los. Dabei keine wertvollen Sekunden verlieren! Das wichtigste von allem aber: so schnell es geht, das dumme Festival-Bändchen vom Arm reißen! Denn: Was bei Wolfgang Petry scheisse aussieht, wird seine Wirkung auch bei Euch nicht verfehlen.

 

So, das sollte erst mal das Wichtigste gewesen sein. Also bitte noch ein paar mal durchlesen und immer dran denken: Wer bereits einen unserer Tipps in den Wind schlägt, wird am nächsten Festival wieder zu der Gruppe Scheisstypen gehören, die kein Mensch bestellt hat. Wer noch Antworten auf spezielle Fragestellungen des Festivalbesuchs braucht, wende sich bitte an uns, wir helfen gerne.

 

Dann mal los und viel Spaß auf der Festival-Saison 2004
Euer Shredder Mag

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